Dienstag, 25. Januar 2005

Automatismus

Sonne klebt neben Schweiß an ihrer nassen Haut, die Strahlen des pflänzernen Riesen in all jenen Spektralfarben reflektiert. Nackt ihr Körper, der sich biegt und dreht und immer wieder ekstatisch auf die Erde schlägt. Blut rieselt herab ihre Beine, die sich wie giftige Schlangen ineinander verdrehen, krampfartig fließen kleine spröde Partikel über ihren Leib, der sich im Grase wälzt, sich sanft anschmiegt an die grüne Wiese. Ihre Augen tasten die Umgebung ab, unsicher und verlassen, die Sinne entzweigerissen, grausame Töne dringen in das verstörte Ohr, immer wieder Schreie, gewaltsames Stöhnen. Ich weiß nicht, winde mich vor Schmerz, erlöset mich....

Montag, 24. Januar 2005

Anlehnung an Paul Celan, automatisch

Schwärze öffnet mein Augenlid,
Nachtschatten der alten Buche,
nichts als der Reif der Zeit,
welcher mich umfängt mit Liebe
in einer Art Unendlichkeit,
die grausam mein Inneres zerteilt.

Mean Streets

es geht um mehrere männer, die im sumpf der großstadt gefangen sind (man beachte die bewusste konnotierung der großstadt mit dem dschungel, welche sich einerseits in gesprächen, andererseits auch in bildlichen symbolen, ich denke an den tiger im käfig, manifestiert), einerseits versuchen sie rauszukommen, andererseits tun sie alles mögliche, was diese flucht verhindert (sie besuchen lieber das kino, eskapismus vor der realität?), festzuhalten ist zunächst, dass alle verschiedene wege für sich beanspruchen, einer sucht sein heil in der kirche, welche jedoch, so erfahren wir schon zu beginn (wo noch kein bild die leinwand gestreift hat), keine wirkliche lösung ist, der andere versucht sich mit einer bar über wasser zu halten, wieder ein anderer betreibt kleinere gaunereien, leiht sich überall geld, flüchtet in infantile streiche und schlägereien, doch all das scheint keine lösung zu sein, so scorsese, er verstärkt diesen eindruck auf visueller ebene mit sogartigen steadycamszenen (ich möchte hier besonders die fahrt des besoffenen keitel hervorheben, welche wirklich beeindruckend ist), häufiger einsatz von weitwinkelobjektiven, die einiges zur wirkung beitragen, die musik, welche übrigens erstklassig und sehr vielfältig ist, wirkt ebenfalls sogartig, sie ist eingängig (wenn sie auch stellenweise konträren charakter besitzt), läßt einen so leicht nicht wieder los, dass diese "harten" gauner stellenweise von scorsese als sehr kindlich gezeichnet werden (ich denke an die angst vor dem tiger oder die "schlägerei" mit den mülltonnendeckeln) unterstützt den eindruck des gefangenseins, des unmöglichen ausbruchs, charlie scheint auch nicht wirklich zu wissen wie weiter, wirkt unsicher, wenn er sich desöfteren im spiegel betrachtet, "die liebe als ausweg?", mag manch einer nun berechtigt fragen, vielleicht im wirklichen leben, hier jedoch nicht, keitels beziehung zu teresa ist zum scheitern verurteilt, er schafft es nicht die "straße" abzuwerfen (man merkt es vorallem am slang, welchen er im bett verwendet), die beziehung muss geheimgehalten werden, die epilepsie teresas, eifersucht deutet sich an, die geschäfte sind ihm wichtiger, sex wird in einem traum von keitel eindeutig mit gewalt, genauer blut, konnotiert, das ende schwebt hier schon bedrohlich über den charakteren, welcher ausweg bleibt den protagonisten? nunja, auch das wird mehrmals angedeutet (beim selbstmord groppys z.b.), der tod als einzige lösung, aus diesem grunde ist das offene ende nicht wirklich offen, die spirale der gewalt läuft weiter, das wird deutlich, wenn scorsese am ende andere charaktere bei ihrer alltäglichen beschäftigung zeigt, überhaupt bietet der film dem zuschauer keine wirkliche geschichte, das sind nur bruchstücke aus dem leben, fragmente, lediglich schlaff zusammengehalten, oft unterbrochen, nicht weitergeführt, das gezeigt soll nicht etwas besonderes sein, es ist alltag, 365 tage, 24 stunden, 60 minuten, immer der gleiche scheiß, diese erzählstruktur kann böse zungen leicht dazu verführen von langeweile zu sprechen, naja, ich spreche lieber vom verkannten meisterwerk

der in der Mitte, schwarzes T-Shirt-->ICH

der in der Mitte, schwarzes T-Shirt-->ICH

Sonntag, 23. Januar 2005

Surreale Gedanken zu verschiedenen eigenen Bildern, losgelöst von jenen

"Schnee zerfällt auf meiner Feder, sprießt nun aus deinen sinnlichen, befeuchteten Lippen. Die Haut scheint sich zu offenbaren, ein Wirrwarr aus Formen und Gedanken berieselt mein Hirn, ich kann all das nicht mehr halten, es muss heraus, ansonsten zerbreche ich. Explosion des Intellekts, Explosion der Sinne, Explosion der Lust, aufgelöst im Heiligenschein des Künstlers, mir selbst."

"Jegliche Struktur fehlt in Universum der vermischten Farben, welche sich gegenseitig zu eliminieren drohen und auf sich selbst allein gestellt nichts sind als eine Negation des Möglichen, eine Figur der Lächerlichkeit. Auflösung ist doch die einzige Lösung in diesem von Gewalt und Schmerz bedrohten Leben, nichts als ein stummer Schrei nach Verschmelzung. "

"Langsam schlängelt sich ein Weg durch die zerstörte Landschaft, übersät mit Pfützen aus Blut, Leichen, an denen bereits Ratten nagen und missgebildete Pflanzen und Tiere. Hoffnung wurde längst zerteilt in kleine Flächen, die getrennt sind durch gewaltige Löcher oder für den, der den Weg folgt unerreichbar in der ferne liegen. Es ist ein trostloser Ort."

Automatismus

Weiter geht´s mit einem reinen Automatismus:

"Das Band der Rationalität muss zerbrochen werden, wenn wir leben wollen, wenn wir die frische Luft atmen wollen, wenn wir das Schicksal lenken wollen, wenn wir lieben, sie mit Küssen der Rötlichkeit besprenkeln wollen. Zerstört mit der unbändigen, unbeherrschten, da unbeherrschbaren Gewalt der fleischlichen Begierde, der triebhaften Lust, der Unlogik des Glaubens und der Wille zum Sieg über die sich selbst zersetzende Aufklärung. Auf in das Zeitalter der gepeinigten Einsamkeit des Eremiten. So können wir weiter und uns zuwenden dem himmlischen Geruch der Hölle, den lieblichen Reizen der Brüste und denen des gesamten, vollendeten Körpers einer Frau, der sich in unserem Kopfe zerschneidet und dabei die Kleider abwirft, um sich mir in der reinsten Form zu präsentieren, bereit sich auf Lebzeit mit mir zu vereinen."

Bataille/Barthes

Ich will das ganze mit einer Collage aus Barthes "Fragmente einer Sprache der Liebe" und Batailles "Obszönem Werk" beginnen. Kurze Erläuterung zum Prozess der Entstehung:

1. Wahlloses Aufschlagen einer Seite aus einem der beiden Bücher.
2. Ebenso wahlloses Herausgreifen eines Satzes oder Satzstückes oder Wortes.
3. Fortführung durch Aneinanderreihung weiterer Teile aus einem der Bücher, wobei hier rein intuitiv gewechselt wird (sowohl Buch als auch Seite als auch Worte usw.).
4. Zwischendurch immer wieder Veränderung oder Ergänzung der Vorlagen auf automatische Art und Weise.

So denn:

"Unsere Münder trafen sich in einem kranken Kuss gleich einer subtilen Wolke, nichts anderes als schwache Schatten der vulgären Bedeutungslosigkeit. Einstige Ausschweifungen, die Realität als Machtsystem meiner Selbst, ich bebte, ich akzeptierte es von Atemkrämpfen geschüttelt, sie befriedigte sich, während sie zu mir sprach „Ich liebe dich“, leere Hülsen, pornografisch verpackt. Ich lasse meine Finger über ihren Po gleiten, das Gesicht verzerrt, nimmt sie das Biest in den Mund. Nuancenlos stöhnen wir in regloser Umschlingung unserer Körper, den Orgasmus, die Endgültigkeit bewusst aufschiebend, öffne ich ihren Körper zärtlich, der Springbrunnen fließt über. In Ekstase weinen wir vor Wut und das gänzlich ohne Tränen, die eine Hand im Mund, Vereinigung zweier Individuen."

Diese Art Collage besitzt meines Erachtens ein weitaus höheren Wert als eine bewusst gestaltete, zumeist äußerst penetrante, sei es in Gestaltung/Form oder Intention. Hier vollzieht sich unterbewusst eine Interaktion mit beiden Texten, welche auf erhabene Weise Teile zueiander führt und ergänzt. Das zur Gänze intuitiv, zudem Poesie für jedermann, Lautreamont läßt grüßen.

Un chien andalou

Un chien andalou entsteht 1929, in einer Umbruchzeit der surrealistischen Bewegung. Zahlreiche Mitglieder wandten sich damals von André Breton aufgrund der seiner ihrer Meinung künstlerisch einschränkender Autorität und der im Zuge der Annäherung an den Kommunismus entstandenen Kollektivität, die bedingungslose Unterwerfung unter die vorgegebenen Auffassungen verlangt, ab oder werden von dem führenden Kopf der Bewegung ausgeschlossen, weil sie seiner Entwicklung, somit der, der gesamten Bewegung nicht folgen können, bzw. andere, nicht tolerierbare Ideale vertreten (u.a. Artaud, Vitrac, Desnos, Bataille, Masson, Soupault, Prevert, Leiris, Tual). Dem gegenüber stehenstanden, wenn auch weniger zahlreich, die Neuzugänge der Gruppe/bewegung, neben u.a. Char, Magritte, Sadoul, Thirion auch Buñuel und Dalí, welche sich für "Un chien andalou" verantwortlich zeichneten.

Der Film selbst ist nun ein Werk, das einem cineastischen Manifest gleicht., Es ist nicht nur surreal in seiner Erscheinung, es ist auch surreal, in dem es „Surrealismus“ surreal erklärt und eben jene Standpunkte visualisiert, die Breton im gleichen selben Jahr in seinem "Zweiten surrealistischen Manifest" schriftlich darlegt oder zuvor bereits erläutert hat. Das beginnt bereits in der wohl berühmtesten Szene des Films, dem Rasiermesserschnitt durch das Auge einer Frau, bezeichnenderweise durchgeführt vom Künstler Bunuel Buñuel selbst. BunuelEr öffnet das Auge der Frau und verbindet damit Nicht-sehendes mit Sehendem, Reales mit Irrealem, Traum mit Wirklichkeit (man denke an die oft gehörte Redwendung: "Ich glaube nur das, was ich mit eigenen Augen gesehen habe"). Die Frau, genauer: ihr gesundes und ihr zerstörtes Auge sind nun Personifikationen des Surrealismus, was folgt (der restliche Film), ist die Synthese der beiden auf einer höheren Ebene. Buñuel ist hier ähnlich Breton, der acht Jahre zuvor (die nächste Szene wird mit der Texteinblendung "Acht Jahre später" eröffnet) mit "Le champs Magnetiques" den Weg für Surreales eröffnet. Auch die restlichen Szenen sind beinahe dogmatisch dem Surrealismus und seinen Ideen verpflichtet. Seien es die sich in Revolver verwandelnden Bücher, mit anderen Worten: die sich in Waffen verwandelnde Kunst. Oder die zwei am Klavier festgebundenen Priester, die den Hauptdarsteller daran hindern, sich einer Frau sexuell zu nähern. Pars pro toto, die Kirchenmänner als Teil der Kirche stehen für ebenjene, das Klavier als Symbol für Kultur, nach Ansicht der Surrealisten: Hindernisse auf dem Weg zur psychischen Befreiung. Weiterhin Ebenso durchziehen den Film vorallem zwei Motive, Sexualität und Gewalt, deren Darstellung nicht selten an de Sade und Freud erinnert (so können die verlorene Hand oder die Ameisen, welche aus der Wunde krabbeln durchaus als ein Symbole von für Kastration, bzw. Kastrationsangst interpretiert werden).

Wie Dalí und Buñuel die einzelnen Szenen nun miteinander verknüpfen, bzw. die gesamte filmische Gestaltung ist wie ein Großteil Buñuels Gesamtwerkes relativ unfilmisch, was sich bei Betrachtung des Kunstverständnisses der Surrealisten als lediglich konsequent bezeichnen läßt. So schreiben Eluard und André Breton in ihren "Noten zur Dichtung": "Dichtung ist das Gegenteil von Literatur". Demnach kann Buñuels Film als Gegenteil vom oder vielmehr Gegenentwurf zum Film der 20er, bzw. des gesamten Films bis 1929 gesehen werden. Er will sich weder dramaturgisch noch in anderen Punkten anpassen, er will vielmehr mit der bisherigen Entwicklung brechen. Das geschieht auf eine Weise, die den Zuschauer in den Bann zieht, die scheinbar unlogisch miteinander verknüpften Szenen sind ein einzigartiges Filmerlebnis, das auch heute noch, fast 70 Jahre nach der Entstehung, seiner Zeit vorraus scheint.

So!

Nachdem ich diverse Foren schon mit manchem meiner Texte beglückt habe, das jedoch irgendwie die falsche Plattform für derartiges ist, entsteht nun also an dieser Stelle dieser Weblog. Ab und an werd ich wohl auch anderweitige Gedanken festhalten und freu mich auf Kommentare.

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